Zu
einem der wichtigsten Ereignisse in der Weltwissenschaft des 19.
Jahrhunderts wurde die Entdeckung von D. Mendelejew des periodischen
Gesetzes der chemischen Elemente. Für die Schüler und Studenten dient das
Periodensystem schon längst als hauptes Lehrmittel bei Studium der
Grundlagen von Chemie. Das periodische Gesetz lässt auch heute die
chemischen Eigenschaften der Stoffe sowie ihre Wechselwirkungen erforschen
und voraussagen.
Der große russische Gelehrte Dmitrij Iwanowitsch Mendelejew wurde in Tobolsk
(Sibirien) am 8. Februar 1834 geboren. Sein Vater Iwan Pawlowitsch Mendelejew
war der Gymnasialdirektor und Kurator der Volksschulen des Gouvernements
Tobolsk. Dmitrij war das vierzehnte Kind in der Familie. Der Vater ist
gestorben, als Dmitrij 13 Jahre alt war. Die Mutter Maria Dmitrijewna
Mendelejewa (geb. Korniljewa) mußte sich allein mit der Erziehung des Sohnes
beschäftigen, weil sein Vater kurz nach der Dmitrij’s Geburt blind wurde.
Im Frühling 1849 absolvierte Dmitrij Gymnasium in Tobolsk, nachdem
übersiedelte seine Mutter mit den Kindern zuerst nach Moskau und dann nach
Petersburg. Hier im August 1850 ging Mendelejew an die
mathematisch-physikalische Fakultät des pädagogischen Hauptinstituts. Die
Aufnahme der Studenten in dieses Institut wurde alle zwei Jahre durchgeführt,
und im Herbst 1850 gab es keine Aufnahme. Aber nach dem Ansuchen der Mutter bei
dem Rektor wurde Mendelejew ins Institut ausnahmweise aufgenommen. Tatsächlich
kam er nicht in das erste Studienjahr, sondern in das zweite. Er geriet unter
Studenten, die das erste Studienjahr schon hinter sich hatten. Deshalb mußte
Mendelejew seine Studienkollegen einholen und fast doppelte Studienbelastung an
sich nehmen. Dafür hatte er Glück in anderer Beziehung, weil damals im
pädagogischen Hauptinstitut hervorragende russische Gelehrten wie Mathematiker
M.W. Ostrogragski, Physiker E.Ch. Lenz, Chemiker A.A. Woskressenski und andere
unterrichteten.
Schon als Student führte Mendelejew seine erste wissenschaftliche Arbeit aus,
die er im Artikel „Chemische Analyse des Ortitums aus Finnland“ (1854)
niederlegte. Im Mai 1855 absolvierte Mendelejew das Institut und erhielt die
Qualifikation „Oberlehrer“. Für ausgezeichnete Leistungen wurde ihm die
Goldmedaille verliehen. Nach dem fachärztlichen Empfehlen fuhr Mendelejew nach
Odessa ab, um das Petersburger Klima durch mehr gesundes Klima zu wechseln. In
Odessa unterrichtete Mendelejew in einem der Gymnasien Mathematik, Physik und
Chemie. Gleichzeitig arbeitete er an der Dissertation zur Erlangung des
Magistergrades. Die Dissertation wurde dem Problem der „spezifischen Volumen“
gewidmet und Anfang des Jahres 1857 glänzend verteidigt.
Mendelejew hat festgestellt, dass die chemische Aktivität der Elemente von
der Größe ihrer Atomvolumen abhängt. Schon dies konnte dem Forscher vorsagen,
welche Richtung der Suche der Klassifikation von Elementen fehlerfrei ist.
Danach verteidigte Mendelejew die Dissertation zur Erlangung des
wissenschaftlichen Grades des Privatdozenten. Das Dissertationsthema war: „Über
den Bau der kieselirdigen Verbindungen“. Nach der Verteidigung der Dissertation
wurde Mendelejew zum Dozenten der Petersburger Universität ernannt und begann,
den Vorlesungszyklus über organische Chemie zu halten.
Nach dem Auftrag der Führung der Petersburger Universität arbeitete
Mendelejew zwei Jahre lang, von Februar 1859 bis Februar 1861, in Deutschland.
In seiner Wohnung in Heidelberg hat er ein Labor eingerichtet und eine Reihe
von wichtigen Erforschungen auf dem Gebiet der physikalischen Chemie
durchgeführt. Während der Forschung der Viskosität, des Wärmeschubes und der
Kapillarität der Flüssigkeiten entdeckte Mendelejew die Existenz des absoluten
Siedenpunktes. Dadurch widerlegte er die metaphysische Vorstellung davon, dass
es angeblich „ständige“ Gase gibt, d.h. solche, die nicht verflüssigt werden
können. Weitere Forschungen der Gasen brachten als Ergebnis die gemeinsame
Gleichung des Gaszustandes. Diese Gleichung wurde 1874 von Mendelejew gefunden
und ist unter Benennung „Mendelejew-Kliperone Gleichung“ bekannt. Die Gleichung
zeigte, dass das Gesetz von Boyle-Mariotte bei geringem Gasdruck den Gaszustand
nicht genau bestimmt. Die Mendelejew-Kliperone Gleichung führt den
entsprechenden Koeffizient ein, der diese Nichtgenauigkeit korrigiert.
1860 hat Mendelejew an der Arbeit des internationalen Kongresses der Chemiker
in Karlsruhe (Deutschland) aktiv teilgenommen. Der Kongress hat das einheitliche
System für Atomgewichte und chemische Formeln eingeführt.
Im Februar 1861 kehrte Mendelejew nach Petersburg zurück und setzte seine
Vorlesungen in der Petersburger Universität fort. Gleichzeitig arbeitete er an
dem Lehrbuch der organischen Chemie. Ende 1861 erschien im Druck das Lehrbuch
„Organische Chemie “ und von dieser Zeit an wurde der Name Mendelejews in
breiten wissenschaftlichen Kreisen bekannt. Dieses Werk wurde zum ersten
russischen Lehrbuch der organischen Chemie. 1861 hat Mendelejew noch eine
wichtige Arbeit erledigt: er übersetzte aus dem Deutschen ins Russische das Buch
von Wagner „Die chemische Technologie“.
Im Januar 1864 wurde Mendelejew als festangestellter Dozent für organische
Chemie der Petersburger Universität ernannt. Gleichzeitig bekam er die Stelle
des Professors an dem Lehrstuhl für Chemie in dem Petersburger Technologischen
Institut. Seine materielle Lage wurde von nun an bedeutend besser. Außerdem
bekam er die Wohnung bei dem Institut. Und das kam ihm sehr gelegen, weil er zu
dieser Zeit schon verheiratet war. Im Frühling 1863 heiratete er Feoswa
Leschtschewa. Für das Buch „Organische Chemie“ hat Mendelejew von der Akademie
der Wissenschaften den Demidowpreis erhalten. Die ganze Summe des Preises haben
die Jungverheirateten für die Europareise ausgegeben. Zwar dauerte diese Ehe
mehr als fünfzehn Jahre, war sie leider nicht glücklich.
Anfang 1864 begann Mendelejew die Arbeit an der Doktordissertation, und
bereits am 31. Januar 1865 fand die Verteidigung der Dissertation statt. Das
Dissertationsthema hieß: „Überlegungen über die Verbindung von Spiritus mit
Wasser“. Um jene Zeit waren die meisten Gelehrten der Meinung, dass die Lösungen
als mechanische Systeme anzusehen sind. Demgegenüber hat Mendelejew die
chemische Theorie der Wasserlösungen ausgearbeitet. Mendelejew selbst hieß diese
Theorie als Hydratentheorie. Bei der Untersuchung stellte Mendelejew fest, dass
sich die Wasser-Spirituslösungen unter Belastung zusammendrüken. Mendelejew
erklärte diese Erscheinung durch die Wechselwirkung zwischen Wasser und
Spiritus. Der Grand der Zusammendrückung ist von der Zusammensetzung der
Lösungen abhängig. Mendelejew zog den Schluß, dass „die Teilchen des Lösers und
die seiner nicht haltbar dissoziirten Verbindung mit dem aufgelösten Körper in
der Lösung assoziiert sind.“
Bei gewöhnlicher Temperatur der Lösung treten also die Verbindungen des
Lösers (die Hydrate) und die Teilchen des aufgelösten Stoffes in Wechselwirkung
miteinander. Hydratentheorie von Mendelejew wurde zu einer der Grundladen der
Lösungstheorie und spielte im Entstehen der Elektrochemie eine wesentliche
Rolle. Die Werke Mendelejews in der Lösungschemie gelten als klassische. In der
Theorie der Lösungen vereinigten sich sowohl chemische als auch physikalische
Ansichten Mendelejews.
Während der Arbeit an den Wasser-Spirituslösungen hat Mendelejew für die
geistigen Getränke das optimale Verhältnis zwischen Spiritus und Wasser
gefunden. Dieses Verhältnis bildet 40% Alkohol (maximal) und 60% Wasser
(volum). Von jener Zeit an existiert die Meinung, dass Mendelejew den
russischen Wodka „erfunden hat“.
Im Februar 1865, sofort nach der Verteidigung der Doktordissertation wurde
Mendelejew zum extraordentlichen Professor an dem Lehrstuhl für technische
Chemie der Petersburger Universität ernannt. Bereits im Dezember 1865 ist er
festangestellter Professor der Universität.
1867 besetzt Mendelejew den Lehrstuhl für die anorganische Chemie der
Petersburger Universität. Gleichzeitig mit der Abhaltung der Vorlesung begann er
mit der Arbeit an dem Lehrbuch „Grundlagen der Chemie“ (der anorganischen
Chemie). In einem der Abschnitte des Lehrbuches musste Mendelejew die
Beschreibung der chemischen Elemente unterbringen. Es gab genügend Materialien,
die die Beschreibung der in jener Zeit bekannten chemischen Elemente und ihrer
Verbindungen enthielten. Es entstand aber die Frage: wie, in welcher Reihenfolge
muss man die Beschreibung der Elemente und Stoffe anordnen, welches System
annehmen? Und gerade bei der Arbeit an dem fundamentalen Lehrbuch „Grundlagen
der Chemie“ hat Mendelejew das periodische Gesetz der chemischen Elemente
entdeckt.
Die Geschichten der großen Entdeckungen pflegen oft von allerlei
verschiedenen Mythen und Legenden begleitet zu werden. So etwas geschah auch mit
dem periodischen Gesetz von Mendelejew. Man sagte, dass Mendelejew in dem Schlaf
dieses Gesetz entdeckt habe. Natütlich ist das eine Übertreibung, die sich nicht
in direktem Sinne verstehen lässt. Diese Legende entstand, weil sich Mendelejew
langwierig und angestrengt die Möglichkeit der Systematisierung der chemischen
Elemente überlegte. Er versuchte, die Ursachen der chemischen Ähnlichkeit der
Elemente bei dem Unterschied ihrer physikalischen Eigenschaften zu begreifen und
eine systematische Kartothek der Elemente aufzustellen. Die Kartothek bestand
aus mehreren Pappenkarten, auf die die bekannten Eigenschaften und
Kennzeichnungen der Elemente und ihrer Verbindungen eingetragen wurden.
Schon Anfang der sechziger Jahre des 19. Jahrhunderts wurde das
Klassifizierungsproblem der chemischen Elemente von einigen Gelehrten-Chemikern
aktiv diskutiert. Für die Lösung dieses Problems war das erreichte Niveau der
Kenntnisse hoch genug: es war der Begriff der Valenz schon bekannt, die Methoden
für die Feststellung der Atomgewichte wurden prinzipiell gefunden usw. Man
brauchte nur einen Verstand, der nicht nur volle Kenntnisse auf dem Gebiet der
Chemie, sondern auch die Weite der Gedanken sowie geniale Intuition besäße.
Gerade der Gelehrte Mendelejew entsprach völlig diesen Forderungen. Die
Entdeckung des periodischen Gesetzes war keinesfalls ein zufälliger Erfolg von
Mendelejew. Gewiß konnte nicht die periodische Tabelle ihm einfach im Traum
erscheinen. Die Entdeckung des periodischen Gesetzes war das logische Ergebnis
der gewaltigen und zielstrebigen geistigen Arbeit von Mendelejew sowie seiner
umfangreichen Kenntnisse und der wissenschaftlichen Intuition. Erste Variante
der Elemententabelle, die das periodische Gesetz zum Ausdruck brachte, hat
Mendelejew in Form eines Blättchens veröffentlicht. Das Blättchen trug den
Titel: „Versuch des Elementensystems auf dem Grund des Atomgewichts und der
chemischen Ähnlichkeit“. Im März 1869 hat Mendelejew dieses Blättchen zu vielen
russischen und ausländischen Chemikern verschickt. Am 18. März 1869 fand die
Sitzung der Russischen chemischen Gesellschaft statt. Im Namen von Mendelejew
machte Professor N. Menschutkin eine Mitteilung über den von Mendelejew
entdeckten wechselseitigen Zusammenhang zwischen den Eigenschaften der Elemente
und ihren Atomgewichten. Professor Menschutkin war Freund von Mendelejew.
Mendelejew selbst war an jenem Tage in der dringenden Dienstreise an einem der
chemischen Werke.
Bereits vor Mendelejew versuchten einige von Gelehrten, die chemischen
Elemente irgendwie zu klassifizieren. Sie beschränkten sich aber auf die
Gruppierung der Elemente, deren chemische Eigenschaften miteinander ähnlich
sind, ohne dass zwischen „den natürlichen Gruppen“, wie man damals sagte, innere
Verbindungen zu finden. Mendelejew war überzeugt, dass es ein objektives Gesetz
gibt, dem alle Elemente mit ihren vielfältigen Eigenschaften unterliegen.
Mendelejew stellte den Zusammenhang zwischen der Atommasse und den chemischen
Eigenschaften des betreffenden Elements und seiner Verbindungen fest. Alle
damals bekannten 63 Elemente wurden von Mendelejew so angeordnet, wie es die
Natur selbst festgesetzt hatte. Mendelejew als erster bestimmte den Grundsatz
von Anordnung der Elemente: „Die Eigenschaften der einfachen Körper sowie der
Zustand und die Eigenschaften der Verbindungen der Elemente befinden sich in der
periodischen Abhängigkeit von der Größe der Atomgewichte der Elemente“.
Wie oben gesagt wurde, waren 63 Elemente zur Mendelejews Zeit bekannt. Bei
der Entwicklung des Periodensystems hat Mendelejew die chemischen und
physikalischen Eigenschaften der zwölf bis dahin unbekannten Elemente
vorausgesagt. Seine Beschreibung der Eigenschaften von vermutlichen Elementen
erleichtete ihre Entdeckung in der Folgezeit. Es muss erwähnt werden, dass die
Weltwissenschaft um jene Zeit noch keine klare Vorstellung von der Atomstruktur
und dem Charakter der nuklearen Umwandlungen hatte. Um so mehr scheint uns die
Tiefe des wissenschaftlichen Gedankens von großen Gelehrten kolossal zu sein.
Fast alle Voraussagen von Mendelejew betreffs des periodischen Gesetzes
bestätigten sich glänzend bereits bei seinem Leben. Es genügt wohl, hier nur
drei Beispiele anzuführen. 1875 entdeckte der französische Gelehrte Lecoq de
Boisbaudran das Element Gallium. 1879 entdeckte der schwedische Gelehrte Lars
Frederik Nilson das Skandium und 1886 entdeckte der deutsche Gelehrte Clements
Winkler das Germanium.
In dem klassischen Werk „Grundlagen der Chemie“ hat Mendelejew zum ersten Mal
die anorganische Chemie auf der Basis des periodischen Gesetzes dargelegt.
Dieses Lehrbuch wurde bei dem Mendelejews Leben achtmal auf Russisch und einige
Male auf Fremdsprachen herausgegeben. Dies zeigte überzeugend die große
Bedeutung des Lehrbuches für die Ausbildung und für die Entwicklung der
chemischen Wissenschaft.