Nach dem Tode der
Kaiserin Anna Ioannowna (1740) und wegen des begonnenen Auseinanders mit der
Thronfolge hat sich in der Hauptstadt eine beunruhigende Lage gebildet. Für
Eiler, wie er in seiner Biographie schrieb, "begann die Lage unsicher zu
scheinen".
Zu dieser Zeit beschloß der preußische König Friedrich II., die von Leibnitz
gegrundete und schon längst nicht tätige Berliner Gesellschaft für
Wissenschaften ins Leben zurückzurufen.
Bald darauf übergab der preußische Botschafter in Petersburg von Friedrich
II. für Eiler die Einladung mit dem Anstellungsangebot in Berliner Akademie.
Eiler hat die Einladung angennomen und im Januar 1741 ist nach Berlin abgereist.
Die Petersburger Akademie hat dem Eiler den Titel des Ehrenmitglieds der
Akademie zugesprochen.
In Berlin wurde Eiler zum Mitglied der wiederaufgebauten Königsakademie der
Wissenschaften und bekam die Stellung des Dekans der mathematischen Abteilung.
Die meisten Eilers Werke sind der mathematischen Analyse gewidmet. Er hat die
Grundlagen der einigen mathematischen Disziplinen geschaffen, die im weiteren
fast unveränderlich in die Universitätskurse der höheren Mathematik
eingeschlossen wurden. Zum Beispiel hat Eiler die Funktionen des
Komplexarguments eingeführt. Er untersuchte die Funktionen der Komplexvariablen:
die Exponential-, Logarithmen- und Trigonometriefunktionen; er hat die Formel
abgeleitet, die die trigonometrische Funktion mit der exponentialen verbindet.
1743 hat Eiler vier Werke in Mathematik herausgegeben, in einem von deren
legte er die Methode der Integrierung der rationalen Brüche durch die Zerlegung
auf Einzelbrüche dar. Er beschrieb auch die nun gewöhnlich gewordene Methode der
Integrierung von linearen Gleichungen der höheren Ordnung mit konstanten
Koeffizienten.
Eiler hat das neue Kapitel der mathematischen Analyse - die
Variationsrechnung gegründet, deren Grundlagen in der Arbeit "Die Methode für
Auffinden der Kurven, die die Eigenschaft des Extremus besitzen" dargelegt
wurden.
Lagrange hat die Methoden der Variationsrechnung weiter entwickelt. Als
Ergebnis hat sich die neue mathematische Wissenschaft gestaltet.
Als selbständige mathematische Disziplin entwickelte Eiler die Theorie der
gewöhnlichen Differentialgleichungen und schuf die Grundlagen der Theorie der
Gleichungen mit einzelnen Ableitungen. In dem Werk "Integralrechnung" beschrieb
Eiler viele seine Entdeckungen und Methoden zur Lösung der ganzen Reihe von
Gleichungen und führte neue Begriffe und Koeffiziente ein, die in der
mathematischen Literatur als "eilerische" genannt worden sind. Zum Beispiel:
Substitutionen von Eiler, Eilerszahl, Eilersfunktion, Eilersintegrale usw. Eiler
führt hier auch ein klassisches Lösungsverfahren für die linearen Gleichungen
mit konstanten Koeffizienten ein, er erläutert die Variationsmethode der
arbiträren Konstanten und die Lehre über den integrierenden Multiplikator.
Eiler erarbeitete die Theorie der Spezialfunktionen. Er betrachtete zum
ersten Mal Sinus und Kosinus als Funktionen und nicht als Strecken in einem
Kreis. Er hat die Theorie der Reihen weiter entwickelt und die Eigenschaften der
elliptischen Integrale, der zylindrischen und der hyperbolischen Funktionen
untersucht. Eiler hat die θ - und ζ - Funktionen (Eilers Funktionen)
vorgeschlagen.
Eilers Untersuchungen bildeten die grandiose Trilogie: "Einleitung in
Analyse", "Differentialrechnung" und "Integralrechnung". Damit bildete sich die
mathematische Analyse endgültig heraus und zwar als selbständiger Wissenzweig
der Mathematik und eine der größten Errungenschaften des menschlichen Gedankens.
Nicht weniger erfolgreich als in der Analyse arbeitete Eiler auch auf anderen
Gebieten der Mathematik. In Algebra hat er beispielsweise die Methoden der
Lösung in Radikalen der Gleichungen von höheren Graden und der Gleichungen mit
zwei Unbekannten beschrieben.
Er hat die Identitäl von vier Quadraten (sogenannte Eilers Identität)
bewiesen.
Fünfundsiebzig (!) Werke hat Eiler der Geometrie gewidmet. Nicht alle Werke
sind gleichwertig, aber einige darunter bildeten in Mathematik eine Epoche.
Eiler hat als erster eine folgerichtige Darlegung der analytischen Geometrie im
Raum erledigt. Die sogenannten Eilers Winkeln ermöglichen, die Drehung des
Körpers um den Punkt zu erlernen.
1752 erschien sein Werk "Beweis der einigen bemerkenswerten Eigenschaften von
Körpern, die mit platten Flächen begrenzt sind". In dem Werk hat Eiler das
Verhältnis zwischen der Anzahl von Scheiteln, Kanten und Flächen des Vielflaches
bestimmt. Dieses Verhältnis ist so: Die Summe der Anzahl von Scheiteln und
Flächen ist gleich der Anzahl von Kanten plus zwei. Bereits Rene Deskartes
vermutete dieses Verhältnis, aber erst Eiler hat dies in seinem Werk bewiesen.
Im Grunde genommen, war es das erste in der Mathematikgeschichte Theorem der
Topologie - des tiefsten Kapitels der Geometrie.
In der Differentialgeometrie hat Eiler die Eigenschaften der geodesischen
Linien eingehend untersucht und den Grund zur Theorie der Oberflächen gelegt. Er
begann auch das Erlernen der Mantelflächen. Er hat das berühmte Theorem davon
bewiesen, dass jede Oberfläche, die sich durch das Biegen bilden kann, ohne dass
ausgedehnt oder gepreßt zu werden, und wenn sie nicht konisch und nicht
zylindrisch ist, eine Gesamtheit der Tangenten zu einer räumlichen Kurve
vorstellt.
Es gibt keinen Gelehrten, dessen Name so oft wie Eilers Name in den
Lehrbüchern für Mathematik erwähnt wird. Eiler hat alle Theoreme von Ferma
bewiesen (eines darunter erwies sich als nicht korrekt). Das bekannte Große
Theorem Fermas wurde von Eiler für "drei" und "vier" bewiesen. Eiler bewies
auch, dass jede ganze Zahl der Form 4n+1 immer auf die Summe von Quadraten der
zwei anderen Zahlen zerlegt werden kann.
Eiler entwickelte elementare Theorie der Zahlen und näherte sich dem Beweis
des sogenannten quadratischen Gegenseitigkeitsgesetzes. Erst 1796 hat Karl Hauss
dieses Gesetz vollendet bewiesen. Eiler begann auch den zweiten Teil von Theorie
der Zahlen, - die analytische Theorie der Zahlen,- zu entwickeln. Diese Theorie
leitet die Gesetze der Verteilung von einfachen Zahlen aus den Eigenschaften der
einigen analytischen Funktionen ab. Analytische Theorie der Zahlen wird auch in
Werken der modernen Mathematiker weiter entwickelt.
Der große Eiler interessierte sich auch für andere Wissenschaften, die
bisweilen von Mathematik weit entfernt waren. Beispielsweise schrieb Eiler 1740
ein Werk über Ebben und Fluten im Ozean, wofür er von der Französischen Akademie
der Wissenschaften einen Preis erhalten hatte.
Er erlernte die Fragen der Strahlenbrechung und schrieb einige Artikel zu
diesem Thema. 1762 hat Eiler in einem seiner Werke eine Konstruktion der
komplizierten Objektive zwecks der Verminderung der chromatischen Aberration
vorgeschlagen. Nach seinem Empfehlen wurden in England die ersten achromatischen
Objektive hergestellt.
Weit bekannt sind die Werke Eilers über die Schwingungen der elastischen
Stäbe sowie über deren Längsbiegung. Diese Untersuchungen sind von großer
praktischen Bedeutung, was jeder Ingenieur bestätigen kann.