1744 hat Eiler in Berlin drei Artikel über die Theorie der Bewegung von
Planeten und Kometen und über die Methoden der Berechnung ihrer Bahnen aus den
Ergebnissen von einigen Beobachtungen veröffentlicht.
Eiler hat über zwanzig Memoiren über Hydraulik geschrieben. Die Gleichungen
von Hydrodynamik der ersten Ordnung mit besonderen Ableitungen aus den
Projektionen der Geschwindigkeit und der Dichte auf den Druck heißen Eilers
Gleichungen. Diese Memoiren erschienen übrigens als Ergebnis der praktischen
Arbeiten, die Eiler 1749 im Auftrag von dem König Friedrich II. in Potsdam
erledigt hat. Die Arbeiten bestanden darin, dass Eiler im Schloß Sanssouci die
Defekte der Wasserleitung beseitigte und einen Plan zur Verbesserung des Kanals
zwischen Havel und Oder entworfen hat.
Der große Gelehrte zeigte Interesse auch für solche "exotischen" für einen
Mathematiker Wissensgebiete wie Musiktheorie, Theorie der Mechanismen, Theorie
der Elastizität, Ballistik und sogar Seewesen und Sozialversicherung.
Während seiner Tätigket in Berlin unterhielt Eiler die engen
Arbeitsbeziehungen mit der russischen Akademie der Wissenschaften. Als
Ehrenmitglied der russischen Akademie bezog er recht große jährliche Rente.
Seinerseits hat Eiler der russischen Akademie aktiv geholfen: er kaufte für sie
Bücher, physikalische und astronomische Instrumente, wählte in Deutschland und
in anderen Ländern die passenden Mitarbeiter für die russische Akademie aus und
regierte die mathematische Abteilung der akademischen Schriften. Eiler trat als
Schiedsrichter in den Streiten zwischen petersburger Gelehrten auf und schickte
Themen für die akademischen Wettstreite. Er informierte die russischen Kollegen
über neue wissenschaftliche Entdeckungen.
Eiler stand unter anderem in Briefwechsel mit M.W. Lomonossow, dessen
wissenschaftliche Tätigkeit schätzte er sehr hoch. So gab Eiler 1747 das
glänzende Gutachten über die Lomonossows Artikel in Physik und in Chemie.
Dadurch enttäuschte Eiler den Schuhmacher, einen der einflußreichsten Beamten
der russischen Akademie, der zu Lomonossow äußerst feindliche Haltung hatte.
Im Eilers Berliner Haus wohnten die russischen Studenten, darunter M.
Sofronow und S. Kotelnikow, die später Akademiemitglieder wurden.
1762 bestieg Katharina II. den russischen Thron. Die Kaiserin verstand gut
die Bedeutung der Wissenschaft für den Staat. 1766 erhielt Eiler durch den
Fürsten Dolgorukow, den russischen Botschafter in Berlin, die Einladung von der
Kaiserin Katharina II., nach der Petersburger Akademie der Wissenschaften
zurückzukehren. In der Einladung schlug die Kaiserin dem Gelehrten vor, die
mathematische Klasse (Abteilung) zu leiten und den Titel des Konferenzsekretärs
beim Gehalt in Höhe von 1800 Rubel jährlich zu erhalten. "Und wenn das nicht
gefällte, - so in der Einladung, - beliebte er seine Bedingungen mitzuteilen,
nur mit der Ankunft nach Petersburg nicht zögern".
Nicht sofort bekam Eiler die Freistellung, weil der König Friedrich II.
suchte, ihn zu überreden, in Berlin zu bleiben. Trotz allem Zureden, nahm Eiler
die Einladung an und im Juni 1766 kam nach Petersburg.
Nach der Ankunft wurde Eiler unverzüglich mit der Kaiserin empfangen.
Katharina II. hat dem Gelehrten das Geld für den Kauf des Hauses ausgegeben und
ihm für die erste Zeit einen ihrer Köche zur Verfügung gestellt. Gleichzeitig
beauftragte die Kaiserin den Eiler mit der Aufgabe, die Vorschläge zur
Reorganisation der Akademie vorzubereiten. Der älteste Sohn Eilers, Johann
Albrecht, wurde zum Akademiemitglied in Physik. Der Sohn Karl erhielt einen
hohen Posten in der Medizingehörde. Den in Berlin geborenen Christophor wollte
der König Friedtich II. nicht vom Militär entlassen. Nur nach der Einmischung
seitens Katharinas II. konnte der Sohn zu seinem Vater ankommen. Chrisrophor
wurde zum Direktor der Waffenfabrik in Sestroretsk ernannt.
Bereits 1736 wurde Eiler auf ein Auge blind, und 1771 ist fast völlige
Blindheit infolge der Katarakta vom zweiten Auge eingetreten. Dies aber konnte
nicht die Eilers Sohaffenskraft negativ beeinflüssen. Dank den Schülern und den
Helfern A. Lexel, J. Eiler, W. Kraft, S. Kotelnikow und besonders dem aus Basel
gekommenen N. Fuß ging die Arbeit mit früherer Intensität. Einzelne Artikel
diktierte Eiler dem Jungen-Schneider, der notierte alles auf deutsch.
1773 erlebte Leonhard Eiler neue Schläge des Schicksals. Im Mai geschah in
Petersburg der große Brand, der Hunderte von Häusern vernichtete. Auch Eilers
Haus mit ganzem Vermögen ist in Flammen aufgegangen. Der Gelehrte selbst rettete
sich nur mit Mühe. Glücklicherweise blieben alle Manuskripte unversehrt. Der
blinde Alte ist in ein anderes Haus umgezogen, wo ihm die Anordnung der Zimmer
und der Gegenstände unbekannt war.
Bald nach dem Brand kam nach Petersburg der erfahrene Augenarzt Baron Wenzel,
der die Operation zwecks der Beseitigung der Katarakta ausgeführt hatte. Die
Operation ist gelungen, aber Eiler leistete leider keine Folge der ärtzlichen
Empfehlung betreffs der Notwendigkeit, sich an das Licht allmählich zu gewöhnen.
Bereits ein paar Tage nach der Operation hat Eiler die Augenbinde abgenommen und
begann zu lesen. Und bald verlor er das Sehen. Diesmal - für immer. Erstaunlich,
aber Eiler erhielt sich äußerlich ruhig zu solch einem traurigen Ereignis. Seine
Arbeitsfähigkeit blieb hoch. In Abwesenheit der Helfer überlegte Eiler, und wenn
sie kamen, diktierte er ihnen oder schrieb an den Tisch mit der Kreide, denn er
konnte noch mit Mühe die weiße Farbe von der Dunkelheit unterscheiden. Eine
große Hilfe leistete dem Gelehrten in dieser Zeit sein Schüler, Mathematiker
Nicolas Fuß, der nach dem Empfehen von D. Bernulli aus Basel nach Petersburg
gekommen war. Sofort nach der Ankunft hat Fuß alle Sorgen um mathematischen
Eilers Werke auf sich genommen. Bald heiratete er die Eilers Enkelin. Gerade Fuß
notierte die Eilers Werke in den letzten zehn Lebensjahren des großen Gelehrten.
In demselben (1773) Jahr starb Eilers Frau. Das war ein großer Verlust für
den Gelehrten. Nach den Erinnerungen von N. Fuß, besaß Eiler eine beneidenswerte
Gesundheit und ein gutes Gedächtnis. Seine Stimmung war immer munter. Er hatte
einen gutmütigen Charakter und zwar er manchmal aufbrausen konnte, war er doch
nicht fähig, die Bosheit gegen jemand lange zu fühlen. Er war ständig von
zahlreichen Enkeln umgegeben, oft hielt er ein Kind auf dem Arm. Er
unterrichtete selber die Kinder in Mathematik. Alles das strörte ihn nicht bei
der Arbeit!
Eiler starb am 18. September 1783 an der Gehirnblutung in Anwesenheit von
seinen Helfern Professoren Kraft und Lexel. Die Beerdigung fand auf dem
lutherischen Friedhof in Petersburg statt.
Die marmorne Büste des Gestorbenen hat der bekannte Bildhauer G. Raschette
nach der Bestellung von russischer Akademie der Wissenschaften hergestellt, und
das marmorne Postament hat Fürstin Daschkowa geschenkt.
Wenn wir fragen: wessen der große Gelehrte Eiler war? Deutsch?
Schweizerich? Russisch? Vielleicht preußisch? Die Antwort muß einzig sein: es
ist sinnlos, die Eilers Nationalität zu nennen, denn Eiler gehört der ganzen
Welt.